Oktober 2021 – „Lass sie doch ihren Spaß haben“

…haben sich die Besitzer der Rüden auf diesen Bildern vielleicht gedacht, als sie ihnen wie üblich das Tor offen ließen. So wie man das in Chile halt tut, damit der Hund sein Geschäft nicht im eigenen Vorhof erledigt und einem nicht stundenlang die Ohren vollkläfft. Oder Tag und Nacht jault und wimmert, weil wieder irgendwo eine Hündin läufig ist.

Wer jemals einen liebeskranken Rüden erlebt hat, weiß genau, wie zombiemäßig Hunde in der Fortpflanzungszeit unterwegs sind. So auch in der Nachbarschaft unserer Projektkoordinatorin, die in der chilenischen Großstadt Concepción lebt. Eine Woche lang musste sie miterleben, wie mindestens fünfzehn Rüden eine junge hellbraune Hündin unablässig verfolgten, sie von allen Seiten besprangen und begatteten, sich gegenseitig zerbissen, völlig kopflos waren und nur deshalb nicht überfahren wurden, weil Tierschützer den Verkehr stoppten und umlenkten.

Die Besitzer der wohlgenährten Rüden sind bekannt, aber beratungsresistent: „Meinen Rüden kastrieren lassen? Niemals! Lass ihn doch seinen Spaß haben“, so die gängige Meinung in diesem vom Machismo geprägten Land.

Die Besitzer der Hündin hingegen sind nicht bekannt. Das Tier wurde höchstwahrscheinlich ausgesetzt, und zwar – angesichts der starken Abmagerung – wohl direkt zu Beginn der Läufigkeit. Auch dieses Verhalten ist seit jeher tief verwurzelt in der Bevölkerung: „Meine Hündin kastrieren lassen? Viel zu teuer! Wie, es gibt viele kostenlose oder preisgünstige Kastrationskampagnen? Was soll der Aufwand! Lieber gebe ich ihr die Freiheit. Lass sie doch ihren Spaß haben.“

Hat irgendeins dieser Tiere wirklich „Spaß“ gehabt? Man weiß es nicht. Die junge ausgesetzte Hündin zumindest wahrscheinlich eher nicht. Für sie wurde glücklicherweise mit Hilfe unserer Partnerorganisation COAAMA eine Pflegestelle gefunden und die Kastration organisiert. Jetzt kann sie sich erst einmal von ihren Strapazen erholen.

Danke COAAMA!